top of page

Kontrolle und Zwänge – und wie du sie loswerden kannst.

Ein Beitrag von Ina.


Nachdem nun unser Podcast "Iss' einfach" online ist und wir auch schon wirklich schönes Feedback bekommen haben, geht es hier im Blog weiter mit einem Thema, über das wir ganz sicher auch noch im Podcast sprechen werden: Zwänge, Kontrolle – und die daraus resultierende vermeintliche Sicherheit.


Auf Youtube wurde ich gefragt, ob ich einmal ein entsprechendes Video machen könnte, über das sich sicherlich viele andere freuen würden. Und es war eine dieser Fragen, bei der ich sofort dachte: "Natürlich! Warum bin ich da nicht früher drauf gekommen? Immerhin beschäftigt das doch wirklich jede*n, der mit einer Essstörung zu kämpfen hat. Mich inklusive." Also habe ich nicht lange gefackelt und mein kleines, demütiges Streichholz angezündet, um ein wenig mehr Licht in dieses diffuse Essstörungslicht zu bringen.


Das Video findet ihr unten im Beitrag. Hier möchte ich nocheinmal kurz meine Worte zusammenfassen:


Fakt ist, Kontrolle und Zwang sind die Symptome einer Essstörung. Was also gibt es da so im Alltag einer/eines Leidenden? Es gibt:


  • den Zwang, das Essen zu wiegen

  • den Zwang, Kalorien zu zählen

  • den Zwang, nur bestimmte Lebensmittel zu essen

  • den Zwang, immer zur gleichen Uhrzeit zu essen

  • den Zwang, alle Mahlzeiten selbst zubereiten zu müssen

  • den Zwang, alleine essen zu müssen

  • den Zwang, täglich mindestens einmal auf die Waage zu steigen

  • den Zwang, täglich Kleider anzuprobieren, um zu schauen, ob und wie sie passen

  • den Zwang, die immer gleichen Tagesabläufe zu leben

  • den Zwang, täglich Sport zu machen

  • den Zwang, XX.XXX Schritte am Tag zu gehen

  • den Zwang, alles in akribischer Ordnung zu halten

  • den Zwang, alles klinisch rein zu halten

  • den Zwang, immer alles gleich zu machen

  • und und und

Und ja, die meisten leiden tatsächlich unter allen diesen Zwängen – mal mehr, mal weniger, mal fokussierter, mal alle gleichzeitig. Das ist schlimm. Ist es das? Nunja, schauen wir uns diese Zwänge einmal an, sehen wir, dass sie uns in diesem Leben, das uns so schwer fällt, jede Menge Struktur geben. Und Struktur wiederum gibt uns Sicherheit. Leider, leider ist diese Sicherheit aber eine, die uns bis ins Absolute einschränkt und uns unseren Atem zum Leben nimmt. Heißt: Wir brauchen sie, wollen sie aber nicht. Wir wollen durchatmen, haben aber panische Angst davor, etwas einzuatmen, was uns aus unser Komfortzone stößt. So etwas nennt man eine klassische Abhängigkeit. Und diese Abhängigkeit wiederum ist Teil der Essstörung, einer SUCHT. Wir sind also süchtig nach Kontrolle. Autsch. Das ist nicht schön. Wirklich nicht.


Was also müssen wir tun, um dieser Sucht zu entkommen? Es tut mir so leid, das schreiben zu müssen, aber: Es gibt nur einen einzigen Weg.


Wir müssen essen. Wir müssen den radikalen Weg gehen. So wie Alkoholiker*innen, Raucher*innen oder drogenabhängige Menschen völligen Abstand von ihren Suchtmitteln nehmen müssen, so müssen wir uns mitten hineinstürzen.


Wieso? Weshalb? Warum? Die Antwort ist wie immer sehr einfach und nur sehr schwer durchführbar. Wenn unser Körper satt ist (und ich meine aufgefüllt, nullinger restriktiv, gesund), dann falle alle Zwänge ganz von alleine von uns ab. Denn: Sie sind – wie geschrieben – Teil der Essstörung. Und wer isst, ist nicht essgestört. Je konsequenter wir unseren Körper also durch die Phase des Extremhungers bringen, desto mehr lösen sich alte Denk- und Handlungsmuster, die schlichtweg Folge unserer Unterernährung waren.


Das klingt logisch, oder?


Wir sind unterernährt, also sucht unser Gehirn nach Strategien (erinnert euch bitte an das Minnesota Starvation Experiment). Wir sind gesättigt, unser Gehirn braucht diese Strategien nicht mehr uns lässt sie ganz easypeasy mit jedem neuen Tag mehr und mehr los.


Und ja, es stimmt wirklich und ja, ich habe es erlebt.


Alles, was von meinen Zwängen übrig geblieben ist, ist der Drang, alles um mich strukturiert und aufgeräumt haben. Das hilft mir in meiner sehr emotionalen, hochsensiblen Welt, besser zurecht zu kommen. Der Unterschied zu vorher ist der: Es ist ein Drang, kein Zwang. Das heißt, dass ich nicht aufräumen muss, um glücklich zu sein. Wenn ich es mal nicht tue oder einige Tage warte, dann bringt mich das nicht mehr um. Es ist mir egal bis zu genau dem Punkt, an dem es mir eben nicht mehr egal ist und ich ins Handeln kommen möchte, nicht muss. So etwas nenne ich Freiheit. Alle anderen Zwänge, die ich oben aufgelistet habe, existieren nicht mehr. Ich habe sie abgelegt an dem Tag, an dem ich angefangen habe, zu essen. Wirklich zu essen.


Ich weiß genau, was euch jetzt durch den Kopf geht. Ihr fragt euch: Ja, aber wie mache ich das? Wie fange ich an zu essen und diese Zwänge von heute auf morgen loszulassen?


Indem ihr euch auf etwas anderes konzentriert: darauf, was ihr möchtet. Was euer Körper möchte. Eure Seele. Euer Geist. Eure Dreifaltigkeit. Indem ihr von heute auf morgen das macht, was leise in euch ruft "Ich will aber ...", "Ich möchte aber ..." "Mir würde jetzt so gut tun, wenn ..." DAS ist der gesunde Teil in euch, der bereits existiert! Das ist euer gesunder Geist, eure Körperweisheit, eure Intuition. Konzentriert euch einfach nur auf diese Stimmen und kommt ins Handeln. Und enttarnt alle weiteren Stimmen als eure Essstörung! Jegliche "Ich muss ..." sind die Stimme eurer Essstörung. Jegliche "Ich darf ..." sind eure gesunden Anteile. Differenziert! Und hört nur auf eure gesunden Anteile.


Wenn ihr das tut, dann verschwinden die Zwänge ganz von alleine. Sicherlich nicht von heute auf morgen, aber wenn ihr am Ball bleibt, dann kann es sein, dass ihr nach einem Jahr in euch hineinhorcht und es ganz still und leise ist.


Ich wünsche euch von Herzen, dass ihr anfangt, euren Fokus richtig zu setzen und von einem Müssen zum Dürfen überzugehen. Denn das, ihr Lieben, ist eure Regenbogenbrücke in die Freiheit.


Alles erdenklich Liebe, eure Ina





bottom of page